8. Die relative Stärke
Die relative Stärke einer Aktie
ermittelt man, indem man die Stärke der Auf- und Abwärtsbewegung einer Aktie
mit der Stärke der Auf- oder Abwärtsbewegung anderer Aktien vergleicht. Steigt
eine Aktie stärker im Kurs als andere Aktien oder sinkt sie weniger als andere
Aktien, so ist die Aktie relativ stark.
Dies ist eines der ältesten Instrumente
der Technischen Analyse, das auf der Annahme beruht, daß sich Aktien in Trends
bewegen. Praktisch kann man die Aktien mit der größten relativen Stärke ermitteln,
indem man die aktuellen Kurse einer Aktie zu einem Kurs der Vergangenheit oder
zu einem Durchschnitt vergangener Kurse ins Verhältnis setzt und die Aktie mit
dem größten Quotienten auswählt. Levy [8.1] setzt
den aktuellen Wochenschlußkurs zur Summe der letzten 27 und alternativ der letzten
5 Wochenschlußkurse ins Verhältnis. Die Chartcraft Corp. wählt als Divisor die
Donnerstagsschlußkurse der letzten 30 Wochen [8.2].
Dean Witter verwendet einen 10- und 5- Wochendurchschnitt als Basis für die
Berechnung der relativen Stärke von Branchen [8.3].
Die relative Stärke kann man
auch graphisch mit Hilfe von Bar Charts ermitteln. Bar Chart Dienste bringen
Aktienindizes auf Transparentpapier mit der gleichen Zeitachse und Kursskala
wie die einzelnen Aktiencharts. Man kann die relative Stärke einer Aktie über
eine beliebige Frist ermitteln, indem man die Kurskurve und die Kurve des Index
am Anfang der Periode, für die man die relative Stärke ermitteln will, zur Deckung
bringt und den Abstand der Kurskurve vom Index im Zeitpunkt t mit einem Lineal
abmißt. Die so gewonnenen Meßergebnisse können für einzelne Aktien unmittelbar
miteinander verglichen werden. Die größte relative Stärke hat die Aktie, bei
der der Abstand im Zeitpunkt t am größten ist. Infolge der logarithmischen Darstellung
gibt er die Differenz der prozentualen Änderung des Index und der einzelnen
Aktien an.
Das Konzept der relativen Stärke
ist verwandt mit dem Konzept des Vertical Counts. Auch dort wird eine Aktie
als besonders kaufwürdig angesehen, wenn sie in der Vergangenheit stark gestiegen
ist. Im Unterschied zum Vertical Count spielen Unterbrechungen der Aufwärtstrends
keine Rolle, dafür aber der Zeitraum der Kursänderung, der wiederum beim Konzept
des Vertical Counts keine Rolle spielt.
Auf keinen Fall sollte man das
Konzept der relativen Stärke isoliert verwenden, sondern nur in Verbindung mit
Kauf- oder Verkaufssignalen zur Auswahl unter mehreren Aktien, deren Kauf oder
Verkauf man in Betracht zieht. Es könnte nämlich sein, daß eine Aktie einen
starken Aufschwung gehabt hat, daß sich aber schon eine obere Trendwendeformation
herausgebildet hat und die Aktie allein aufgrund des Konzepts der relativen
Stärke noch als kaufwürdig erscheint. Außerdem können aufgrund des Konzepts
der relativen Stärke Aktien ausgewählt werden, deren Schwankungen größer sind
als die Schwankungen der übrigen Aktien und die demzufolge ein höheres Risiko
beinhalten.