5.4 Widerstand und Unterstützung
Die Phänomene von Widerstand
und Unterstützung gehören zu den wichtigsten Konzepten der Technischen Analyse.
Von Widerstand (resistance) spricht man, wenn der Kurs nach einer Aufwärtsbewegung
ein bestimmtes Kursniveau nicht überwinden kann, von Unterstützung (support)
spricht man, wenn der Kurs nach einer Abwärtsbewegung nicht mehr unter ein bestimmtes
Niveau sinkt.
Der prognostische Gehalt des Konzepts von
Widerstand und Unterstützung besteht darin, daß prognostiziert wird, daß sich
Widerstandszonen in Unterstützungszonen wandeln und daß sich Unterstützungszonen
in Widerstandszonen wandeln. Dies sei demonstriert am Chart von Amazon (Abb.
5.4.1) und Nagoya Railroad (Abb. 5.4.2) .
Betrachten wir zunächst Amzon. Nach der
Aufwärtsbewegung von 12 $ auf knapp unter 100 $ findet der Chartverlauf "Widerstand".
Danach sinken die Kurse wieder auf 45 $. Hier bei 45 finden die der Chart halt.
Der erneute Aufschwung treibt den Kurs über 100 $. Die darauffolgende Abwärtsbewegung
findet bei 45 $ "Unterstützung". Diese Linie wird erst Ende Juli
2000 genommen werden. Anfang Dezember erreicht der Chart von Amazon nochmals
sein altes Hoch von über 100 $. Der Aufwärtstrend ist jedoch zu schwach
um diese Widerstandslinie zu nehmen. Auch über kürzere
Fristen sind die Phänomene von Widerstand und Unterstützung zu beobachten.
Abbildung 5.4.1: Widerstand und Unterstützung am Beispiel von Amazon.Com.
Abbildung 5.4.2: Widerstand und Unterstützung am Beispiel von Nagoya Railroad
Von August 1998 bis Juli 2000
finden die Kurse Unterstützung bei 400 ¥. Anfang August 2000 durchbricht
der Kurs das Unterstützungsniveau nach unten und findet erst wieder neue Unterstützung
etwas unter 300 ¥. Bei dieser Unterstüzungslinie findet wieder eine
langfristige Konsolidierung statt. Die darauf folgende Bewegung dürfte
wieder sehr heftig ausfallen.
Auch bestimmte Formationen lassen
sich mit dem Konzept von Widerstand und Unterstützung beschreiben. Bei der Kopf-Schulter-Formation
etwa (Abb. 5.1.1) sehen wir, daß der Kurs nach
einer Aufwärtsbewegung zunächst in der linken Schulter Widerstand findet. Dieser
Widerstand wird dann nach oben durchbrochen und es bildet sich der Kopf. Der
Kurs fällt dann und findet ungefähr bei dem gleichen Kursniveau, auf dem die
linke Schulter liegt, Unterstützung. Da der Kurs einige Zeit auf diesem Niveau
verharrt, bildet sich die rechte Schulter. Auf der Basislinie findet der Kurs
Unterstützung.
Bei der M-Formation (Abb.
5.1.2) bedeutet die Herausbildung der linken Spitze, daß sich bei einem
bestimmten Kursniveau Widerstand angezeigt hat. Die Herausbildung der Ba sis
des M zeigt einen Kurs an, bei dem Unterstützung vorliegt. Wenn nun der Kurs
erneut ansteigt und das Niveau der vorherigen Spitze nicht überschreiten kann,
so zeigt dies, daß derWiderstand offensichtlich bedeutend sein muß. Erreicht
der Kurs nun wiederum die Basis des M, so wird das Unterstützungsniveau erneut
"getestet". Bei der W-Formation (umgekehrte Dreifachspitze) von Peoplesoft (Abb.
5.1.2) erfolgt ein erneuter Test des Widerstandsniveaus und des Unterstützungsniveaus.
Eine durchbrochene Unterstützungslinie
wird oft zu einer Widerstandslinie. Die Erklärung des Phänomens von Widerstand
und Unterstützung ist psychologischer Art. Dies an
dem Beispiel Pacific Internet (Abb. 5.4.3) im folgenden erörtert. Alle Anleger,
die im Zuge einer Abwärtsbewegung verkauft haben, freuen sich über den rechtzeitigen
Aussstieg. Nun findet der Kurs Ende Mai bei 15$ Unterstützung und dreht
wieder nach oben so glaubt eine bestimmte Anzahl der Aktienbesitzer offenbar,
daß der Kurs sein tiefstes Niveau erreicht hat und kaufen die Aktien.[5.1]
Der Kurs findet bei 25$ sein kurzfristiges Hoch. Es finden wieder Verkäufe
statt und jeder der bei 15$ gekauft hat freut sich über seinen erworbenen
Gewinn. Erneut dient die Marke bei 15$ als Unterstützungslinie und Einstiegsmarke.
Diesmal und verharrt der Kurs auf diesem Niveau. Je länger der Kurs bei seiner
Unterstützungslinie verweilt, desto mehr Anleger werden allmählich wieder
davon überzeugt, daß dieses Kursniveau nicht unterschritten werden wird. Die
Marke wird aufgrund der immer mehr verbreiteten Marktmeinung auch nicht genommen
und der Kurs steigt erneut. Nun fühlen sich alle, die bei schon bei 15$ gekauft
haben, ganz prächtig: Sie haben die Aktie zu den billigsten Kursen erworben
und machen nun Gewinne! Doch das neue Hoch ist nur noch knapp unter 20$ und
der Chart scheint nicht mehr die Kraft für die alten Hochs zu haben. Ende
Juli endet dieses Spiel der billigen Einkäufe bei 15$ und der späteren
verkäufe. Die bisherige Unterstützungslinie wird doch unterschritten
und so fühlen sich diejenigen, die bei dieser Marke gekauft haben, gar nicht
mehr so smart, da der Kurs ja offensichtlich noch weiteres "Potential" nach
unten hatte. Während sie noch darüber nachdenken, ob sie erneut die Aktie verkaufen
sollen, steigt der Kurs Anfang August wieder auf 15$. Nun denken diejenigen,
die die Aktie bei der alten Unterstützungsmarke gekauft haben: "Ich habe
15$ für die Aktie gezahlt. Wenn ich sie nun zu 15$ verkaufe, bleibe ich von
der weiteren Abwärtsbewegung verschont und habe meinen Irrtum, daß 15$ der Tiefstkurs
sei, ohne Verlust revidiert." Daher verkaufen sie die Aktien wieder, die sie
erst bei 15$ gekauft haben. Diese Aktienverkäufe erzeugen nun eine "Widerstandslinie"
für den Chartverlauf. Umgekehrt kann der Fall auch skizziert werden. Dann
wird aus einer ehemalige Widerstandslinie eine Unterstützungslinie.
Abbildung:5.4.3: Widerstand und Unterstützung am Beispiel von Pacific Internet