2. Die Technik der Technischen Analyse
2.1 Bereinigung der Kurse um Abschläge für Bezugsrechte und Gratisaktien und Zuschläge für die Zusammenlegung von Aktien
Die Grundlage der Chartanalyse ist die Darstellung der Aktienkurse
in Kursgraphiken. Damit die in einer Graphik dargestellten Kurse verschiedener
Zeitpunkte miteinander vergleichbar sind, müssen die Kurse um Abschläge für
Bezugsrechte und Gratisaktien bereinigt werden. Das heißt, dass eine Kurssenkung
aufgrund eines Bezugsrechtsabschlags sich in der Graphik nicht als Kurssenkung
bemerkbar machen darf. Entsprechend darf sich auch eine Kurssteigerung aufgrund
einer Zusammenlegung von Aktien, was allerdings seltener ist, nicht bemerkbar
machen.
Betrachten wir zunächst den Fall der Ausgabe von Gratisaktien
(Splitting von Aktien). Notiert eine Aktie mit 150 DM und wird sie in drei Aktien
aufgespalten, so würde dem Kurs von 150 DM für eine alte Aktie ein Kurs von
50 DM für eine neue Aktie entsprechen. Der alte Kurs wird daher mit einem Faktor
multipliziert, der dem Splittingverhältnis entspricht, also zum Beispiel bei
einem Splittingverhältnis von 1:3 mit einem Drittel. (Man beachte, dass bei einem
Splittingverhältnis von 1:3 pro alte Aktie zwei neue Aktien emittiert werden,
so dass der Aktionär anschließend insgesamt drei Aktien hat. Das Bezugsverhältnis
ist, da nur zwei Aktien neu ausgegeben werden, 1:2).
Analoge Überlegungen stellen wir an, wenn Kapitalerhöhungen
unter Börsenkurs ausgeführt werden und die Bezugsrechte für die jungen Aktien
(die den Altaktionären entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis zustehen) einen
Wert haben. Wir fragen nach der Anzahl der Altaktien s, die ein Aktionär haben
muss, um sich mit dem Erlös aus dem Verkauf der den Altaktien anhaftenden Bezugsrechten
BR gerade eine neue Aktie mit dem Kurs X kaufen zu können:
(1) s = K/BR
Den Verkauf von Bezugsrechten
und die Wiederanlage der erlösten Beträge in Aktien bezeichnet man als "opération
blanche". Werden die Aktien während der Zeit des Bezugsrechtshandels ohne Bezugsrecht
(ex right) gehandelt, wie dies zur Zeit in Deutschland üblich ist, so kann man
die Größen X und BR dem Kurszettel entnehmen.
Der Aktionär, der vor Kapitalerhöhung gerade s
Altaktien mit Bezugsrecht (cum right) mit dem Kurs K hat, hat nach der Kapitalerhöhung,
sofern er die opération blanche durchgeführt hat, gerade s+1 Aktien mit dem
Kurs ex right K*. Da der Wert der verkauften Bezugsrechte genau gleich dem Wert
der neuerworbenen jungen Aktien ist, gilt die Gleichung
(2) K·s = (K*+BR) s = K*(s+1).
Hieraus ergibt sich
(3) K* = K·s/(s+1).
Damit die Kurse cum right K mit den Kursen ex right K* vergleichbar sind, müssen sie mit dem Faktor s/(s+1) multipliziert werden.
Hat man s nach Gleichung (1) berechnet, so trägt man in die neue Kursgraphik alle alten Kurse, multipliziert mit dem Faktor s/(s+1), ein. Man braucht hierzu nun nicht für alle Werte vor der Kapitalerhöhung diese Multiplikation auszuführen, sondern man nimmt einfach den alten Chart und verschiebt ihn entlang der Ordinate um einen entsprechenden Betrag nach unten. Da man in der Praxis zum Chartieren Logarithmenpapier verwendet, kann man einfach die Skala abschneiden und entsprechend verschieben. In Abbildung 1.1 sieht man die Schnittstelle im Oktober 1979. Bis Oktober 1979 verläuft die Zweihunderterlinie der alten Skala auf der Höhe von 170 nach der neuen Skala. Der Faktor s/(s+1) ist demnach 0,85 gewesen. Zu beachten ist aber, dass man sich der Technik des Versetzens der Skala im Verhältnis 3/(s+1) nur bedienen kann, wenn der Chart auf Logarithmenpapier eingezeichnet ist. Da Charts aber eingezeichnet sein sollten, kann man sich dann auch stets der Technik des Versetzens der Skala bedienen. In gleicher Weise verfährt man auch bei Bezugsrechten für andere Objekte als Aktien (z. B. Wandelschuldverschreibungen) und bei Zusammenlegung von Aktien. Für Dividendenzahlungen werden die Kurse nicht bereinigt.